vonAndreas Herteux 05.06.2022

Objektive Subjektivität

Ein Blog von Andreas Herteux, der sich mit Zeitfragen beschäftigt. Und das immer objektiv-subjektiv. Headerfoto: Berny Steiner / Unsplash

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Was ist Kunst? Ein attraktives Gemälde? Ein guter Song? Wie verhält es sich mit einem Film oder einer tänzerischen Ausdrucksform? Oder der hervorstechenden Tat? Mit der bemerkten Aktion gleich welcher Art? Sind Gedichte und Aphorismen Kunst? Eine Skulptur oder Plastik? Ein Lächeln oder ein plumpes Husten? Oder sind das alles nur Nebenprodukte der Zivilisation, vielleicht gerade noch irgendwie Kultur?

Nun, um es ganz schlicht zu halten; Zivilisation ist die Etablierung des Gewohnten. Kultur ist die Identifikation mit dem Gewohnten und Kunst ist die individuelle Interpretation des Gewohnten. Schon aus diesem banalen Grund erscheint es unmöglich zu sein, die eingehende Frage zu beantworten, denn letztendlich ist es allein die eigene Wahrnehmung, die eine Folge von Buchstaben erhebt oder keine Bedeutung zugesteht.

Aus diesem Blickwinkel sollte auch alles, was gemeinhin künstlerischen Rang oder eben auch nicht genießt, betrachtet werden. Es sei dabei völlig belanglos, ob es sich um ein Gedicht, um eine Plastik, ein Gebäude oder auch nur um eine Kreation aus den einzelnen Bestandteilen des heutigen Mittagessens handelt. Alles lässt sich deuten, wenn es einen Widerhall im Menschen erzeugt und der Einzelne sich nicht vor dessen Anerkennung fürchtet.

Die Tiefsinnigkeit der Frage findet sich daher nicht in dem Verlangen, den Begriff zu erklären, sondern in der Beleuchtung des Gewohnten. Dieses ist Mutter und Vater, Athene und Dionysos, man nehme Apollon mit hinein, zugleich und wer es zu erziehen vermag, der bildet die Grundlage für jede künstlerische Deutung. Die Norm, die Abweichung, das Alte und das Neue. Kein Inneres bleibt vom Gewohnten unberührt. Keinem klassischem Menschen ist es je gelungen, sich jedem Sinneseinfluss von Geburt an zu entziehen. Kein Versuch der totalen Weltflucht kann dem Gewohnten entfliehen, denn dieses hat die die Eigenart, das Neue und Aufregende wieder und wieder zu morden und zu meucheln. Manchmal schnell, gelegentlich langsam und doch ist das Ende sicher.  Was bleibt daher dem Künstler? Nur der Versuch das Gewohnte selbst zu gestalten? Oder sich schlicht auf den ureigenen Instinkt individueller Interpretation zu verlassen?

Ist das überhaupt wichtig? Spielt es eine Rolle? Und ist das, was der Leser gerade wahrnimmt oder nur wenige Minuten später wahrnehmen wird, Kunst? Wer vermag es zu sagen, denn Kunst ist, wie wir bereits wissen, nur die individuelle Interpretation des Gewohnten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

 

Kunst als Interpretation des Gewohnten
1. Auflage
Erich von Werner Verlag
Andreas Herteux
104 Seiten
ISBN:  9783948621698
E-Book-ISBN: 9783948621988

 

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